Die Geschichte des Marcolini-Palais und des umgebenden Parkgeländes gehen zurück auf ein Patent des Kurfürsten Johann Georg II. aus dem Jahre 1670. Dieses ordnete eine planmäßige Neugestaltung der heutigen Friedrichstadt an. Die einstmals entlang der Ostra-Gasse, der heutigen Friedrichstraße, ansässigen Bauern wurden umgesiedelt und die frei gewordene Fläche in gleich große Parzellen aufgeteilt. Diese wurden zu günstigen Preisen und mit einem Steuererlass über zehn Jahre angeboten und waren für die Angehörigen des dort befindlichen Kammergutes des Hofes gedacht. Jedoch fielen die meisten der Grundstücke an Adlige und wohlhabende Bürger, die Obstgärten anlegten und Sommerhäuser errichteten. Über die Zeit wechselten die Parzellen hin und her und wuchsen zu größeren Grundstücken, so auch das heutige Klinikgelände. Es wurde von Reichsgraf Ernst Christoph von Manteuffel und seiner Gattin zusammen mit dem Nachbargrundstück erworben. Sie errichteten ein herrschaftliches Wohnhaus und legten einen prachtvollen Garten an. Darüber hinaus hatten sie die Genehmigung zur Errichtung eines Malz- und Brauhauses erhalten. Im Jahr 1725 kaufte Kurfürst August der Starke das Grundstück und behielt den Teil mit dem Brauhaus aus wirtschaftlichen Erwägungen für sich. Den weitaus größeren Lustgartenteil übereignete er einer seiner Mätressen, Ursula Katharina, geschiedene Gräfin Lubomirska. Zwischen 1727 und 1729 ließ sie ein Sommerpalais, den heutigen Mittelteil des Hauses A, durch den Architekten Johann Christoph Neumann errichten. 1736 kaufte Graf Heinrich von Brühl das Palaisgrundstück und ließ es durch seinen Architekten Johann Christoph Knöffel erweitern. Dieser gestaltete auch den Garten prachtvoll, sodass Garten und Palais repräsentative Zwecke wie Empfänge und Vergnügungen erfüllten. Diese glorreiche Zeit fand nach dem Siebenjährigen Krieg ihr jähes Ende. Garten und Palais verfielen. Erst 1774 hauchte ihnen Camillo Marcolini neues Leben ein. Der Garten erstrahlte wieder und das Palais wurde erweitert. Die Gestaltung der Räume folgte dem Zeitgeist und brachte gotische, klassizistische und chinesische Elemente zusammen.
Ort der Geschichte
Im Juni 1813 verhandelte Kaiser Napoleon im Chinesischen Zimmer mit Clemens Fürst von Metternich über Frieden. Die Verhandlungen wurden nach neun Stunden abgebrochen. Wenig später starb auch Marcolini und das Anwesen verfiel. Erst zwanzig Jahre später fand sich ein neuer Besitzer: der Hofbuchdrucker Carl Ernst Werner. Auch er erweiterte das Palais mit dem Ziel Mietwohnungen zu schaffen. In einer dieser Wohnungen, über der Orangerie gelegen, lebte und komponierte für zwei Jahre Richard Wagner und vollendete hier seinen „Lohengrin“.
Bildnachweis: Stadtarchiv Dresden, 17.6.2.40 Albrecht Voß. Stadtbildfotografie Dresden, Nr. 060164, 2022
Das Städtische Klinikum Dresden beherbergt ein wissenschaftliches Kleinod: die Pathologisch-anatomische Sammlung. Ihre besonderen Präparate, morphologischen Gerätschaften und interessanten Schrift- und Bilddokumentationen reichen bis 1849 zurück, dem Jahr, an dem das Krankenhaus am heutigen Standort eröffnet worden ist.
Das wissenschaftlich wertvollste Kernstück der Sammlung bilden die Präparate der Knochenpathologie von Georg Schmorl aus den 1920er Jahren, die sog. Schmorlsche Sammlung. Seine wissenschaftliche Tätigkeit in Dresden galt vor allem der Erforschung von Wirbelsäulenerkrankungen. Zahlreiche Präparate, Röntgenbilder, Makro- und Mikrofotografien, die auch Grundlagen für sein Buch "Die gesunde und die kranke Wirbelsäule" bildeten, sind noch erhalten. Dem Gästebuch der Sammlung ist zu entnehmen, dass sich Ende der 1920er Jahre hier namhafte Orthopäden, Radiologen und Pathologen die Klinke in die Hand gegeben haben.
Der Wert dieser Sammlung besteht vor allem in der systematischen Darstellung der normalen und pathologischen Anatomie der knöchernen Wirbelsäule in der Trias von Knochenpräparat, Präparateradiographie und Photographie, die auch hohen ästhetischen Ansprüchen genügen. Während der Flutkatastrophe von 2002 schien diese Sammlung unwiderruflich vernichtet worden zu sein. Der schnellen Sicherung der erheblich wassergeschädigten Präparate und knapp 20 000 Fotografien und Röntgenaufnahmen sowie der folgenden, mit hohen EU-Fördermitteln ermöglichten sachkundigen Restaurierung ist es zu verdanken, dass wir heute diesen Schatz praktisch in Originalqualität bestaunen und ihn wissenschaftlichen Auswertungen zugängig machen können.
Eindrucksvoll sind zudem medizinisch-historische Präparate wie das Zenkersche Divertikel (Originalpräparat von 1863) und der Schneeberger Lungenkrebs. Schmorl identifizierte die Schneeberger Lungenkrankheit als Lungenkrebs. Zahlreiche Krankheitsbilder darunter Erstbeschreibungen wie beispielsweise die der menschlichen Trichinose (1860) sind in Friedrichstadt dokumentiert und gesammelt worden.
Befunde wurden bis in die 40er Jahre des letzten Jahrhunderts zudem akribisch in Zeichnungen festgehalten, um sie zur Fortbildung und wissenschaftlichen Dokumentation zu archivieren. Georg Schmorl hat seit den späten 90er Jahren des 19. Jahrhunderts sowohl das Röntgen als auch die Fotografie im Institut eingeführt. Der medizinhistorische Schatz wird erhalten und weiter erforscht. Fachleuten, Lehrenden und Lernenden sowie anderen Interessenten steht die pathologisch-anatomische Sammlung im Institut für Pathologie nach Absprache offen.
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Verwendungszweck: Führung Pathologisch-anatomische Sammlung
Prof. Dr. Gunter Haroske
Im Oktober 1858 besuchte Clemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich (1773 – 1859) das Stadtkrankenhaus in der Dresdner Friedrichstadt. Sein Interesse galt dem Chinesischen Zimmer des ehemaligen Palais. Er wollte, wie er sagte, noch einmal die Stätte sehen, an der sich 1813 das Schicksal Europas entschieden habe. Dieser Raum wie auch das danebenliegende Pompejanische Zimmer erhielten ihr heutiges Aussehen zwischen 1776 und 1780. Camillo Graf Marcolini (1739 – 1814), Sächsischer Kabinettsminister, Generaldirektor der Künste und Direktor der Meißner Porzellanmanufaktur, erwarb das Palais und baute es zu seinem Sommersitz um. Der Erhalt der beiden Räume, über den Krankenhausumbau hinaus, ist zwei Gesprächen jenes Besuchers mit Napoleon I, Kaiser der Franzosen, zu verdanken.
Dresden sah Napoleon (1761 – 1821) elf Mal kommen und gehen. Bei seinem fünften Besuch in der Stadt an der Elbe war ein längerer Aufenthalt abzusehen und sein Heer benötigte Raum. Dafür bot das Palais des Grafen Marcolini in der Dresdner Friedrichstadt mit dem Ostragehege in der Nähe beste Bedingungen. Hier wohnte und arbeitete Napoleon vom 10. Juni bis 25. Juli und vom 4. bis 15. August 1813. Neben seiner Arbeit entspannte er sich in einem Theater, das eigens für diese Zeit in der Orangerie des Palais mit 200 Plätzen eingerichtet worden war. Am 26. Juni 1813 empfing Kaiser Napoleon im Chinesischen Zimmer den Außenminister Österreichs, Clemens Wenzel Lothar (damals noch) Graf von Metternich. Das Gespräch wurde circa neun Stunden bis 08:30 Uhr abends geführt. Die Forderungen Österreichs an den Fortbestand des Bündnisses sahen den Rückzug der französischen Armee, die Aufgabe Polens und die Auflösung des Rheinbundes vor. Für Napoleon war dies unannehmbar. „Nun gut, was will man denn von mir? Dass ich mich entehre? Nimmermehr. Ich werde zu sterben wissen, aber ich trete keine Hand breit Bodens ab“. Vier Tage später trafen Napoleon und Metternich noch einmal im Garten des Marcolini-Palais zusammen. Napoleon unterzeichnete anschließend die Forderungen, dass er die bewaffnete Meditation des Kaisers von Österreich annimmt, dass die Bevollmächtigten der im Kriege stehenden Mächte mit dem „mediirenden Hof am 10. Juli zu Prag in Conferenz“ treten und dass der 10. August als letzter Verhandlungstag auch das Ende des Waffenstillstandes bildet.* Die Würfel waren im Grunde schon gefallen und die Friedensinitiative wohl eher als Vorwand zu verstehen. Am Ende galt es, Zeit zu gewinnen.
* Metternich-Winneburg, Richard [Hrsg.]: Aus Metternich‘s nachgelassenen Papieren, W. Braumüller, Wien, 1880, S.149 -163
Mit der letzten Poliomyelitis-Epidemie Anfang der 1950er Jahre drohte eine große Anzahl auch älterer Patienten an der mit der Erkrankung einhergehenden Atemlähmung zu versterben. Bisher für Narkosezwecke eingesetzte mechanische „Pulmotoren“ konnten die notwendige Dauerbeatmung nicht im Geringsten absichern. Doch die forschenden Ärzte Reinhard Aschenbrenner und Axel Dönhardt aus dem Allgemeinen Krankenhaus in Altona (Hamburg) bekamen in einem englischen Garnisonshospital die Gelegenheit, eine hölzerne Behelfslunge zu besichtigen. Dies gab den Anstoß zu einer lebensrettenden Improvisation. Dönhardt baute 1947 nach dem DRINKER-Modell (1928) – „innerhalb von drei Tagen und Nächten“ – mit Unterstützung der Werft „Hamburg-Finkenwerder“ den Prototyp der ersten deutschen Eisernen Lunge. Der Druckkörper wurde aus einem Torpedodeckbehälter zurechtgeschnitten, eine Feldschmiede lieferte den Blasebalg und das Getriebe mit Elektromotor wurde einem Fischkutter entnommen. Zwei Exemplare davon erhielt 1947 und 1949 die Industriestraße. Kurz darauf lief in der Lübecker Firma Drägerwerk eine Serienproduktion Eiserner Lungen, sog.„Tank-Respiratoren“, an. Um von Westimporten unabhängig zu sein, lag die Fabrikation von Eisernen Lungen in der DDR bis 1952 in den Händen der Leipziger Firma Zimmermann. Doch Störanfälligkeit und umständliche Handhabung verlangten eine komplette Neuentwicklung. Den dafür notwendigen Forschungs- und Produktionsauftrag erhielt Ende 1952 der VEB Medizintechnik Leipzig. Über Jahrzehnte konnten diese mit allen folgenden Modernisierungen auf diesem Gebiet im Einsatz sein. Unsere letzte Patientin, die als betroffene „Zeitzeugin“ diese „pulmonale Fortschrittsepoche“ nach eigenen Aussagen zumeist auch dankbar durchlebte, verstarb mit 59 Jahren im Juni 2001. Ein Exemplar der „Eisernen Lunge“ aus einer späten Baureihe ist heute am Standort Trachau des Städtischen Klinikums zu besichtigen.
Quelle: Bruno Kunter
In den Körper zu schauen, ohne ihn zu verletzen, ist ein uralter Traum der Ärzte. Schon Hippokrates verwendete um 400 vor Christus starre Rohre zur Diagnostik im Mund-, Vaginal- und Rektalbereich. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts scheiterten alle Versuche tiefer in das Körperinnere vorzudringen vor allem am Licht. Dem Arzt Maximilian Nitze (1848 – 1906) gelang die Entwicklung des ersten in der klinischen Praxis einsetzbaren Endoskops. Der Ursprung dafür liegt in der Dresdner Friedrichstadt. Maximilian Nitze arbeitete unter Leitung von Ferdinand Constanz Leonardi von 1876 bis 1879 in der Äußeren Abteilung des Stadtkrankenhauses. Nach der Demonstration einer diaphanoskoptischen Untersuchung der weiblichen Blase durch einen Dresdner Frauenarzt erkannte er die generelle Bedeutung der optischen Untersuchung von Hohlorganen. Ihm wurde aber auch klar, dass die Lichtquelle in die Tiefe des Organs gebracht und die Optik verbessert werden muss. Dies gelang ihm mit Hilfe des Mechanikers Wilhelm Deicke (Dresden), Joseph Leiter (Wien) und des Optikers Louis Bénéche. Nitze schrieb später: „… im Oktober 1877 waren die Instrumente endlich so weit gediehen, daß ich meine Methode den Mitgliedern des Sächsischen Landesmedizinalkollegiums am Leichnam demonstrieren und zugleich das Kystoskop vorlegen konnte, mit dem ich bald darauf wiederholt im Dresdner Krankenhaus untersucht habe“. Dieser Tag gilt als Geburtsstunde der modernen Urologie und bildete einen entscheidenden Schritt in der Zystoskopie und Endoskopie. Die entwickelten Instrumente zeigten allerdings noch Mängel, vor allem in der Beleuchtungstechnik. Nitze ging deshalb nach Wien, um mit dem Instrumentenbauer Joseph Leiter effektiver zusammenzuarbeiten. Im Frühjahr 1879 schließlich erfolgte die Demonstration des verbesserten Instrumentes in der K.-u.-k.-Gesellschaft der Ärzte in Wien.
Das Städtische Klinikum ist ein Zentrum des modernen Gesundheitswesens. Seine Bausubstanz, insbesondere die historischen Räume des Marcolini-Palais und der alte Park, künden jedoch von einer interessanten Geschichte und bilden einen kulturellen Anziehungspunkt in der Friedrichstadt. Die ehemalige Sommerresidenz des Heinrich Graf von Brühl diente im Wesentlichen für prunkvolle Empfänge des Hausherrn und seines Königs, August des Starken sowie seines Nachfolgers. Garten und Brunnen gehörten zur Repräsentationskunst des sächsischen Hofes. Vor allem befindet sich im Park des Klinikums eine der bedeutendsten barocken Brunnenanlagen nördlich der Alpen: der Neptunbrunnen. Er wurde von Lorenzo Mattielli, der seit 1738 Hofbildhauer in Dresden war, nach Entwürfen von Zacharias Longuelune geschaffen. Die 40 Meter breite barocke Brunnenanlage gipfelt in einer dreigeschossigen Kaskade. Das Zentrum bildet ein Muschelwagen, der von zwei Hippokampen gezogen wird. Auf ihm stehen Neptun und seine Gattin Amphitrite. Der Kranz, den Neptun hält, widerspiegelt Sachsens Glanz jener Zeit. Er dient als Zeichen der Ehrerbietung gegenüber dem König und seinen Ministern. Die in dieser Zeit oft dargestellte Meerfahrt des Neptuns stand zudem als Gleichnis für den Fürsten, der die Geschicke des Landes zu lenken weiß. Der Entwurf des Neptunbrunnens wird Zacharias Longuelune zugeschriebenen. Die von 1744 bis 1746 geschaffenen Skulpturen sind ein Werk des oberitalienischen Bildhauers Lorenzo Mattielli.
Wussten Sie schon, dass der heutige Festsaal im Marcolini-Palais am 2. Dezember 1849 zum Gottesdienstraum geweiht wurde und bis 1936 als solcher genutzt wurde? Für die Andachten und zur Begleitung der Gottesdienste hatte das Klinikum sogar eigens Organisten angestellt.